IPv6 einfach erklärt – Adressierung, Prefixe, Praxis
IPv4-Adressen sind knapp, moderne Netze brauchen stabile Konnektivität ohne Krücken. Genau hier setzt IPv6 an. Es bringt riesige Adressräume, einfachere Netzplanung und automatische Konfiguration. In diesem Guide lernst du verständlich, wie IPv6-Adressen aufgebaut sind, wie Prefixe funktionieren und wie du IPv6 in der Praxis sauber einsetzt.
IPv6 kurz erklärt
IPv6-Adressen bestehen aus 128 Bit und werden in acht Gruppen zu je 16 Bit in Hexadezimal geschrieben, getrennt durch Doppelpunkte. Führende Nullen kannst du weglassen und lange Nullfolgen einmalig mit :: abkürzen.
Beispiele:
2001:0db8:0000:0000:0000:8a2e:0370:7334
2001:db8::8a2e:370:7334
Wichtig: :: darf nur einmal pro Adresse vorkommen.
Adresstypen – was du wirklich brauchst
Global Unicast
Globale Adressen sind weltweit routbar. Sie liegen meist in 2000::/3. Damit erreichst du das öffentliche Internet ohne NAT.
Link-Local
Link-Local beginnt mit fe80::/10. Diese Adressen gelten nur im lokalen Netzsegment und sind Pflicht für Nachbarschafts-Erkennung und als Default Gateway Ziel. Du gibst sie nicht ins Internet.
Unique Local
Unique Local Addresses (ULA) liegen unter fc00::/7, in der Praxis nutzt man fd00::/8. ULAs sind privat und nicht global geroutet. Sie eignen sich für interne Netze oder als stabile Serveradressen.
Multicast statt Broadcast
IPv6 nutzt Multicast (ff00::/8) statt Broadcast. Das reduziert Lärm im Netz und macht Dienste wie Router Advertisements effizient.
Prefixe verstehen – die Basis der Planung
Ein Prefix gibt an, wie viele Bits den Netzteil der Adresse bilden. Der Rest ist Hostteil. Für Subnetze ist /64 der Standard. Das ist wichtig, weil SLAAC – die stateless Autokonfiguration – nur mit /64 sauber funktioniert.
Typische Größen in der Praxis:
- /64 pro Subnetz – empfohlen für Clients, Server, WLAN, VLANs
- /56 für kleine Standorte – enthält 256 Subnetze zu je /64
- /48 für größere Umgebungen – enthält 65.536 Subnetze zu je /64
Beispielplanung mit einem dokumentationsfähigen Präfix:
2001:db8:1234::/48 - Standort
2001:db8:1234:10::/64 - LAN
2001:db8:1234:20::/64 - WLAN
2001:db8:1234:30::/64 - IoT
Autokonfiguration – so kommen Hosts an Adressen
SLAAC mit Router Advertisements
Router senden Router Advertisements (RA). Clients bilden daraus eigene Adressen, entweder über EUI-64 oder über Privacy Extensions mit wechselnden zufälligen Interface IDs. Vorteil: Kein Server nötig, Geräte sind schnell online.
DHCPv6 und DNS
Viele Netze kombinieren SLAAC mit DHCPv6, um DNS-Server und weitere Optionen zentral zu verteilen. Achte in den RA-Flags auf M (Managed) und O (Other), je nach gewünschtem Zusammenspiel.
Prefix Delegation
Provider geben Kunden oft per DHCPv6-PD ein /56 oder /48. Dein Router verteilt daraus /64-Subnetze an interne VLANs. Das macht Heim- und Filialnetze automatisch skalierbar.
Routing, Gateway und DNS – Alltagstauglich einrichten
Default Gateway über Link-Local
In IPv6 referenzierst du das Default Gateway typischerweise mit seiner Link-Local-Adresse:
fe80::1%eth0
Das ist robust, auch wenn sich dein globales Präfix ändert.
DNS-Records
Für IPv6 nutzt du AAAA-Records. Ein Host kann A und AAAA parallel haben. Clients bevorzugen meist IPv6, wenn verfügbar.
Sicherheit und NAT – was wirklich zählt
Stateful Firewall statt NAT
IPv6 braucht kein NAT. Sicherheit erreichst du mit einer stateful Firewall, klaren Regeln und Segmentierung. NAT66 bringt selten Vorteile und erschwert die Fehlersuche.
Filterregeln
Erlaube eingehend nur, was nötig ist. Ausgehend startest du mit erlaubt, schränkst bei Bedarf ein. Blockiere unnötige ICMPv6-Typen nicht pauschal, da ICMPv6 für Nachbarschaft, MTU und Erreichbarkeit wichtig ist.
Praxisleitfaden – ein kleines Dual-Stack-Netz
Schritt 1 – Präfix beziehen
Dein Router erhält per DHCPv6-PD ein /56. Beispiel:
2001:db8:1234:xx00::/56
Schritt 2 – Subnetze verteilen
Weise VLANs je ein /64 zu:
2001:db8:1234:100::/64 - LAN
2001:db8:1234:200::/64 - WLAN
2001:db8:1234:300::/64 - IoT
Schritt 3 – RA und DNS konfigurieren
Aktiviere RA je VLAN, setze DNS per RDNSS oder DHCPv6. Clients bekommen globale und temporäre Adressen. Prüfe mit:
ip -6 addr
ping -6 ipv6.google.com
nslookup -type=AAAA deinhost.de
Schritt 4 – Firewall prüfen
Erlaube ausgehend etabliert, eingehend nur benötigte Dienste. Teste aus dem Internet, ob nur freigegebene Ports erreichbar sind.
Häufige Missverständnisse ausgeräumt
Brauche ich noch private Adressen
Mit ULA kannst du intern stabil adressieren, musst es aber nicht. Globale Adressen plus Firewall sind völlig ok. Entscheidend ist dein Sicherheitskonzept, nicht NAT.
Warum /64 pro Subnetz
Viele Funktionen erwarten /64. Kleinere Netze brechen SLAAC und können zu komischen Effekten führen. Plane konsequent /64.
Läuft alles sofort schneller
IPv6 ist kein Performance-Booster per se. Es bringt saubere End-zu-End-Konnektivität und bessere Skalierung. Geschwindigkeit hängt von Peering, Firewalling und Endgeräten ab.
Mini-Checkliste für den Start
Sichere dir ein /56 oder /48, plane /64 pro VLAN, aktiviere RA, verteile DNS, setze Firewallregeln, teste AAAA und Connectivity, dokumentiere Prefixe und Link-Local des Gateways. So läuft dein Netz stabil und bleibt wartbar.
Fazit
IPv6 vereinfacht Netzplanung und macht Adressknappheit obsolet. Mit klaren Prefixen, /64 pro Subnetz, SLAAC oder DHCPv6 und einer stateful Firewall setzt du einen sauberen Grundstein. Starte dual-stack, gewöhne Nutzer und Dienste an IPv6 und halte deine Planung konsequent. So profitierst du schnell von stabiler Konnektivität und sauberer Segmentierung.
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